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Sächsischer Inklusionspreis

Sächsischer Inklusionspreis 2024: Das sind die Preisträger

Preisträger der Verleihung des Sächsischen Inklusionspreises stehen im Plenarsaal des Sächsischen Landtages in einer großen Gruppe. © Swen Reichhold

Im sächsischen Landtag wurde heute der Sächsische Inklusionspreis verliehen. Mit ihm wurden herausragende Praxisbeispiele gewürdigt, die den Inklusionsgedanken aktiv und nachhaltig fördern, die Intentionen der UN-Behindertenrechtskonvention transportieren sowie das gelungene inklusive Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung erlebbar machen. „Wir haben diesen Tag nicht zufällig ausgewählt, denn der 3. Dezember wurde 1993 von den Vereinten Nationen zum Internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen ausgerufen“, so der sächsische Landesbeauftragte für Inklusion der Menschen mit Behinderungen, Michael Welsch. Schirmherr des Sächsischen Inklusionspreises (SIP) ist der sächsische Landtagspräsident Alexander Dierks.

Bis 2022 wurde der Preis alle zwei Jahre in fünf Kategorien an jeweils eine Institution bzw. einen Verein verliehen. Seit diesem Jahr hat sich die Struktur verändert. In den drei Bereichen „So geht sächsisch inklusiv!“, „Arbeiten und Wohnen“ sowie „Sport“ werden je drei Preisträger geehrt, die jeweils ein Preisgeld in Höhe von 3.000 Euro erhalten. Das Preisgeld soll zweckgebunden für die Verstetigung der ausgezeichneten Inklusionsbeispiele eingesetzt werden.

Hintergrund der geänderten Struktur ist der Zusammenschluss mit zuvor separaten Ehrungen des Kommunalen Sozialverbandes Sachsen (KSV Sachsen) und des Sächsischen Behinderten- und Rehabilitationssportverbandes (SBV). Der SBV hatte in den vergangenen vier Jahren den „Inklusionspreis Sport für sächsische Vereine“ verliehen. Auch der KSV Sachsen hatte bis dahin einen eigenen Inklusionspreis ausgelobt.

Insgesamt 86 Vereine und Institutionen hatten Bewerbungsunterlagen für den SIP 2024 eingereicht. Neun von ihnen, jeweils drei in den drei Bereichen, wurden heute ausgezeichnet.

„Bei den Preisbewerbungen wird immer wieder aufs Neue deutlich, welche tollen Projekte Menschen mit und ohne Behinderungen gemeinsam auf den Weg bringen. Das regt zum Nachahmen an und macht Mut“, so der sächsische Landesbeauftragte für Inklusion der Menschen mit Behinderungen, Michael Welsch, der auch Mitglied der Jury war. 

Christin Wölk, Verbandsdirektorin des KSV Sachsen und ebenfalls Jurymitglied: „Der Zusammenschluss unserer Inklusionspreisverleihungen ist ein Schritt in Richtung einer inklusiveren Gesellschaft. Durch die Bündelung unserer Kräfte und Ressourcen schaffen wir Synergieeffekte, die nicht nur die Sichtbarkeit von Menschen mit Behinderungen erhöhen, sondern auch das Bewusstsein für ihre Bedürfnisse und Potenziale stärken. Gemeinsam können wir so eine breitere Wahrnehmung von Inklusion fördern. Indem wir die Erfolge und Initiativen, die in diesem Bereich entstehen, gemeinsam ausloben, setzen wir ein starkes Zeichen für Solidarität und Teilhabe.“

Jurymitglied Simone Zimmermann, SBV-Vizepräsidentin: „Bei den Verleihungen unseres Inklusionspreises Sport konnten wir in den vergangenen Jahren erleben, wie sich die Vereine miteinander vernetzen und ihre Erfahrungen bei der Inklusion austauschen. Es ist ein großer Gewinn dieser gemeinsamen Preisverleihung, dass dies nun auch mit Vertretern anderer Gesellschaftsbereiche außerhalb des Sports möglich ist.“

Neben den drei genannten Personen gehörten der Jury ebenfalls an: 

  • Norbert Richter, Beisitzer und Verwaltungsleiter beim Stadtverband der Gehörlosen Dresden e. V.
  • Jana Schlegel, Mitglied im Vorstand von Lebendiger leben! e. V.
  • Marcel Robel, Vertreter im Dresdner Beirat für Menschen mit Behinderung für die Dissidenten-Fraktion
  • Henry Graichen, Verbandsvorsitzender des KSV Sachsen und Landrat Landkreis Leipzig
  • Silke Hoekstra, Geschäftsführerin Landesverband Lebenshilfe Sachsen e. V.
  • Tanja Leistner, Nationalspielerin im Sitzvolleyball
  • Thorsten Jannaschk, Geschäftsführer Region Leipzig der AOK PLUS
  • Christian Dahms, Hauptgeschäftsführer des Landessportbundes Sachsen

Mit der Verleihung des Inklusionspreises in der Kategorie Wohnen und Arbeiten wird das Ziel der Unterstützung, Anerkennung und Bekanntmachung einzigartiger Ideen, Projekte und Maßnahmen, in denen die inklusive Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsleben und in der Gemeinschaft bereits verwirklicht wurden, verfolgt.

Innovative Inklusionsbetriebe: DieLei gGmbH, Reichenbach

Die gemeinnützige DieLei gGmbH in Reichenbach/Vogtland ist seit 2011 ein anerkanntes Inklusionsunternehmen in Sachsen. Insgesamt werden 43 Mitarbeiter sozialversicherungspflichtig beschäftigt, davon 22 Personen mit anerkannter Schwerbehinderung. Die DieLei gGmbH ist in den Geschäftsbereichen Gebäudereinigung, Hausmeisterdienste, Grünanlagenpflege, Winterdienst, Eventverleih, CNC Metallverarbeitung und seit Oktober 2022 auch in der Lebensmittelproduktion („Carlis Kaffeerösterei“) tätig.

Die Jury über den Preisträger: „Das Unternehmen setzt sich nachweislich für die Förderung von Inklusion durch Schaffung neuer Arbeitsplätze für Menschen mit Handicap sowie für den langfristigen Erhalt der neuen und bereits bestehenden Arbeitsplätze ein. Die positive Entwicklung des Inklusionsunternehmens – auch mit Blick auf die geplante Erweiterung der Geschäftsbereiche – zeigt, dass hier der Inklusionsgedanke gelebt wird.“

 

Gelebte Inklusion im Arbeitsleben für Menschen mit Behinderung: F.A.I.R.E. Warenhandels eG, Dresden

Tätig ist das Unternehmen in erster Linie als Großhändler für Weltläden und Fair-Handels-Gruppen, sowie in der Multiplikatorenbildung, Weltladenberatung und der entwicklungspolitischen Bildungs-, Informations- und Lobbyarbeit. Die Dresdner Genossenschaft versorgt ca. 60 Weltläden, viele Aktionsgruppen sowie Großverbraucher und Bioläden in ganz Ostdeutschland mit Produkten des fairen Handels. Zudem bildet sie Menschen mit Handicap, Geflüchtete sowie Menschen mit erschwertem Zugang zum Arbeitsmarkt aus oder stellt diesen Praktikumsplätze zur Verfügung.“

In der Jurybegründung heißt es: „Die vielfältigen Aktivitäten sowie ihr außergewöhnliches Engagement macht die F.A.I.R.E. Warenhandels eG zu einem würdigen Kandidaten für den Sächsischen Inklusionspreis, da sie aktiv dazu beiträgt, die berufliche und soziale Teilhabe von Menschen mit Behinderung in der Gesellschaft zu verbessern.“

Selbstbestimmt leben – Inklusive Wohnprojekte für Menschen mit Behinderung: Verein selbstbestimmtes Leben für Menschen mit Handicap Görlitz e. V.

Das Wohnangebot des Preisträgers stellt jungen Erwachsenen mit Handicap eigenen Wohnraum zur Verfügung. Der Verein entstand auf Privatinitiative von acht Familien, deren Kinder Beeinträchtigungen haben. Anliegen ist es, ihren erwachsenen Kindern mit all ihren eigenen Wünschen, Sorgen, Ansprüchen, Sehnsüchten im Rahmen ihrer Möglichkeiten, ein möglichst selbstständiges Leben mit Unterstützung zu geben. Der Verein organisiert die Wohngemeinschaft, insbesondere den Wohnraum und die Ausstattung der Gemeinschaftsräume.

Die Jury würdigt wie folgt: „Dieses Zusammenleben unterstützt und fördert die Selbstständigkeit und das Selbstbewusstsein der jungen Erwachsenen und stellt somit ein innovatives Wohnprojekt für Menschen mit Beeinträchtigung dar. Die Wohngemeinschaft in zentraler Lage fördert zudem die Teilhabe zum Beispiel mit Blick auf die Wahrnehmung von Dienstleistungen, das Einkaufen oder die Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen.“

In dieser Kategorie sollten Preisträger in den Bereichen „Politische Bildung“, „Kultur und Kunst“ sowie „Barrierefreie medizinische Versorgung“ geehrt werden. Da es bei letzterer keine geeigneten Bewerber gab, erhalten zwei Vereine aus dem Bereich „Kunst und Kultur“ eine Auszeichnung.

Politische Bildung: Volkshochschule Dresden e. V.

2017 wurde das „Netzwerk inklusive politische Bildung“ von verschiedenen Trägern aus dem Wunsch heraus gegründet, politische Bildung leicht verständlich zugänglich zu machen. Alle zwei Monate finden Netzwerktreffen mit in der Regel 15-20 Personen mit und ohne Behinderung statt, welche gemeinsam Veranstaltungen bzw. Aktionen planen. Die Selbstvertreter gestalten die Tagesordnung für die Netzwerktreffen mit ihren Themenwünschen maßgeblich mit und tragen als Kursleitungen im peer-to-peer-Ansatz auch aktiv zur Gestaltung der daraus entstehenden Angebote mit bei.

Und so begründet die Jury ihre Wahl: „Bei der Volkshochschule Dresden sind Menschen mit Lernschwierigkeiten direkt und unmittelbar mit politischen Themen in Kontakt. Das Bestreben des Netzwerkes, Menschen mit Lernschwierigkeiten vor Desinformation zu schützen und gegen populistische Tendenzen zu wappnen, ist hinsichtlich aktueller politischer Entwicklungen besonders unterstützenswert.“

Kultur und Kunst: ColumbaPalumbus e. V., Dresden

Im Jahr 2007 hat sich die Theatergruppe ColumbaPalumbus gegründet. 2012 erfolgte die Vereinsgründung. Die Mitglieder entwickeln gemeinsam künstlerische Projekte, zum Beispiel aus den Bereichen Theater, Tanz, Musik und bildende Kunst. Alle Projekte sind inklusiv ausgerichtet, Menschen mit und ohne Beeinträchtigung sind dort gemeinsam tätig.

Die Jury fand: „ColumbaPalumbus e.V. ist ein tolles Projekt, welches verschiedene Menschen der Gesellschaft zusammenbringt. Mitglieder sind Menschen mit und ohne Behinderung, Jung und Alt, sowie Menschen mit Migrationshintergrund.“

Kultur und Kunst: Inclusive Gaming GmbH, Leipzig

Die Inclusive Gaming GmbH wurde Anfang dieses Jahres gegründet. Sie fokussiert sich auf die Entwicklung barrierefreier Videospiele und digitaler Anwendungen für blinde und sehbehinderte Menschen. Sie entwickelt selbst Videospiele, die sowohl visuell als auch rein über räumliches Audio erfassbar und mit Screenreadern kompatibel sind. Als Dienstleister transferiert sie außerdem ihre Erfahrung in der Arbeit mit eingeschränkten Zielgruppen und im Anwenden niedrigschwelliger Gamification-Elemente, um Projekte und Forschungsprojekte zur Barrierefreiheit im digitalen Raum umzusetzen.

So urteilt die Jury: „Die Inclusive Gaming GmbH bietet etwas, wofür es bisher viel zu wenig Angebote gibt. Nicht nur die Entwicklung eines einzelnen für blinde und sehbehinderte Menschen zugänglichen Videospiels, sondern die Schaffung eines Tools, mit dem verschiedenste Spiele zukünftig nutzbar gemacht werden können, bietet einen innovativen und nachhaltigen Ansatz. Zudem kann ein Effekt der Bewusstseinsbildung bei Spieleentwicklern entstehen.“

Die Kategorie Sport zeichnet Praxisbeispiele für gemeinsames Sporttreiben von Menschen mit und ohne Behinderung sowie vielfältiges und inklusives Vereinsleben aus. Wie schon in den vergangenen Jahren, als der SBV seinen „Inklusionspreis Sport“ verliehen hatte, werden die Preise in drei Kategorien vergeben: Vereine bis 250 Mitglieder, Vereine über 250 Mitglieder und einen Sonderpreis. Das Preisgeld in der Kategorie Sport wurde gestiftet von der AOK PLUS.

Vereine bis 250 Mitglieder: Leipziger Tischtennisverein Leutzscher Füchse 1990 e. V.

Beim LTTV Leutzscher Füchse ist Inklusion gelebte Realität. In fünf Damen-, 17 Herren und vier Kinder- bzw. Jugendmannschaften spielen und trainieren über 200 Aktive aller Altersgruppen. Etwa zehn Prozent von ihnen haben Parkinson. Zu den Trainingsgruppen und Mannschaften gehören Rollstuhlfahrer, Gehörlose, Geflüchtete und Menschen, die an Demenz erkrankt sind. Besonders stolz ist der Verein auf seine 2024 fertiggestellte eigene barrierefreie Halle.

Die Jury ist überzeugt: „Bei den Leutzscher Füchsen gibt es keine Barrieren zwischen den Menschen, sondern Tischtennis für alle. Für ihr langjähriges Engagement im und für das Tischtennis in Leipzig, für gemeinsame inklusive Trainingszeiten und für die Kraft und Energie, die in die Halle geflossen sind, haben sich die Leutzscher Füchsen den Inklusionspreis mehr als verdient.“

Vereine über 250 Mitglieder: ATV Volkmarsdorf 90 e. V., Leipzig

Der bereits 1858 gegründete ATV Volkmarsdorf ist einer der ältesten Vereine Leipzig und hat rund 350 Mitglieder. der ein breites Angebot in den Bereichen Volleyball, Badminton, Karate, Tischtennis, Turnen und Rehasport bietet. Besonders hervorzuheben ist das Inklusionsprojekt "Inspire(d)", das seit 2022 Menschen mit und ohne Behinderung durch gemeinsames Badminton-Training zusammenbringt. In diesem Bereich kooperiert der ATV mit dem Verein SV Rhinos Leipzig. Der ATV Volkmarsdorf legt großen Wert auf Inklusion, Gemeinschaft und sportliche Förderung für alle Altersgruppen.

Die Jury befand: „Durch die Kooperation mit einem weiteren Verein ist der ATV einen eher ungewöhnlichen Weg gegangen. Für den Mut und die Offenheit, Dinge anzugehen und sich Partner zu suchen, für das Engagement im inklusiven Sport in Leipzig, für das Engagement im Badminton und das neue "Inspire(d)" zeichnen wir den ATV Volkmarsdorf 90 mit dem Sächsischen Inklusionspreis 2024 aus.“

Sonderpreis: SV „Einheit“ Borna e. V.

Beim Verein aus dem Landkreis Leipzig wollte ein Mädchen mit einer geistigen Behinderung mit dem Turnen anfangen, weil auch die Schwester diese Sportart betrieb. Doch anstatt abzuwinken, weil diese hochkomplexe, koordinativ anspruchsvolle Sportart womöglich ungeeignet sei, hat die Trainerin einfach losgelegt, viel probiert und es geschafft. Mittlerweile turnen drei Mädchen mit einer geistigen Behinderung im Verein und jene junge Sportlerin, mit der alles angefangen hatte, kam 2023 von den Special Olympics mit einer Medaille zurück.“

Die Jury würdigt „den Mut, einfach mal loszulegen“, und ergänzt: „Den Kindern wurde damit der Herzenswunsch, gemeinsam zu turnen, erfüllt. Den Sonderpreis erhält der SV „Einheit“ Borna für das Engagement und für die Energie, die Skeptiker zu überzeugen.“

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